Zwei junge Basken

72 Stunden Baskenland – gutes Essen, Kultur und eine Fiesta in Rioja Alavesa

Wer das Baskenland und die Basken kennenlernen möchte, muss sich dorthin begeben, wo gut gegessen und getrunken wird: in Pintxos -Bars, in Restaurants und auf Volksfesten.
In Restaurants oder Pintxos-Bars (baskische Tapas) kann es allerdings passieren, dass man in manchen Lokalen mehr Frauen als Männer antrifft. Obwohl die Basken fleißig sind, heißt das nicht unbedingt, dass die Männer Überstunden schieben, nein sie Kochen! - Sie kochen in ihren Kochclubs. Frauen sind nur nach einer Einladung als Gäste erwünscht und das auch nur mittags. Kochen ist Männersache. Punkt.

Das Königsfass des Weingutes Marques de Riscal

Und so sind auch die Frauen häufig für sich, treffen sich in Bars, Cafés und Restaurants und sehen dabei auch nicht unglücklich aus. Oft haben die Frauen in der baskischen Familie die Hosen an, sie lassen den Männern gerne ihren Spaß in ihren Männclubs: »Passieren« kann ja nichts (s.o.).
Zurück zur Reise: Wer das Baskenland und die Basken kennenlernen möchte, muss sich dorthin begeben, wo gut gegessen und getrunken wird: in Pintxos -Bars, in Restaurants und auf Volksfesten.
Nach einem angenehmen Flug mit Iberia landeten wir am späten Vormittag auf dem Flughafen der Stadt Bilbao. Selbst aus der Luft war von der ehemaligen Industrie und der früheren Luftverschmutzung nichts mehr zu sehen, kein Wunder, die Schwerindustrie hat ihre Bedeutung verloren, die Stadt hat sich in den letzten 20 Jahren sehr gewandelt.
Nach dem Auschecken hatten wir zwar keinen Riesenhunger, aber, wie gesagt, ohne gutes Essen und Trinken läuft im Baskenland gar nichts.

Landschaft bei Laguerdia

Die Weinlese erfolgt manuell, die Reben werden in einer hochmodernen Kellerei verarbeitet, wobei jeder Luftkontakt strengstens vermieden wird, um die Weine frisch präsentieren zu können. Es wird fast nur Txakoli erzeugt und, obwohl andere Reben erlaubt wären, nur aus der baskischen Rebsorte Hondarribi Zuri. Der Wein der Kellerei kommt am 6.Februar jeden Jahres in den Handel und sollte innerhalb eines Jahres getrunken werden. Damit der Txakoli optimal zur Geltung kommt (schmeckt), wird er in hohem Bogen eingeschenkt und sofort getrunken. Deshalb wird nur soviel ins Glas eingeschenkt, wie man in einem Schluck trinken kann.

Pintxos in Bilbao

Restaurant Azurmendi

Damit wir testen konnten, ob der Txakoli auch zur modernen baskischen Restaurantküche passt, wurde uns ein Menü im Restaurant Azurmendi serviert. Es war leicht und variabel, ein optischer und kulinarischer Hochgenuss, nur bei der Komposition von Ochsenschwanz und Idiazabal wurde, durch das Andicken der Sauce, der Optik zuliebe etwas vom Geschmack geopfert. Die Inneneinrichtung des Restaurant Azurmendi ist sehr modern und in warmen Tönen gehalten. Der Service ist freundlich und versiert.

Das Guggenheimmuseum

Das Guggenheimmuseum

Gestärkt, gesättigt und zufrieden ging es zum weltberühmten Guggenheim-Museum nach Bilbao. Jeder der das Museum noch nicht kennt, hat zwar bestimmt Vorstellungen, hat die bekannten Fotos vor seinem geistigen Auge, aber, wie so oft, ist der echte Eindruck doch ein völlig anderer. Das Museum liegt tatsächlich mitten in der Stadt, im Tal des Nervión und wirkt von allen Seiten beeindruckend und schön.
Leider hatten wir nur zwei Stunden Zeit durchs Museum zu schlendern, in dem schon das Innere für sich beeindruckte: Der weltbekannte Architekt Frank Owen Gehry hat ganze Arbeit geleistet. Entsprechend ehrfürchtig betritt die Mehrzahl der Besucher diesen Kunsttempel. Wir waren zum Beispiel von der riesigen, tonnenschweren Installation aus begehbaren Spiralen, Ellipsen und Schlangenformen »A Matter of Time« von Richard Serra sehr beeindruckt.

Gehry Hotel

Die Altstadt von Bilbao

Schade, der Nachmittag und der frühe Abend gingen schnell vorbei; die Altstadt von Bilbao wollte auch noch entdeckt werden. Das Wetter war angenehm, die Straßen belebt und die meisten Lokale gut besucht. Es wurde viel geredet, aber die Stimmung war doch etwas unaufgeregter als in anderen deutschen oder spanischen Orten an einem Freitagabend.
Gegessen haben wir auch wieder, natürlich und natürlich auch gut. Dies in einem „normalen“ Restaurant, d.h. in dem Restaurant Guetaria, einem Restaurant mit einer eher traditionellen Inneneinrichtung und typisch baskischen Menü mit Pilzen, gefüllten Babycalamares, Steinbutt und vor allem Ochsenkotelett. Dieses wird auf einem Holzkohlengrill kurz gebraten, in Streifen geschnitten, mit Meersalz bestreut, das Fleisch am Knochen angerichtet und serviert.

In einer Tapasbar

Am folgenden Tag ging es in Richtung Rioja Alavesa, in den baskischen Teil des Weinanbaugebietes Rioja. Bei Sonne und angenehmen 22 Grad kamen wir in Laguardia an. Laguardia wurde bereits von den Römer gegründet und das aus gutem Grund. Der Ort liegt auf einem Hügel in der fruchtbaren Ebene zwischen den Pyrenäen und dem Kantabrischen Gebirge. Besonders eindrucksvoll in Laguardia ist die Kirche Santa Maria de los Reyes, vor allem ihr vielfarbiges, aus Sandstein gebaute Portal, das Ende des 14. Jahrhunderts errichtet wurde.
Von Laguardia aus hat man übrigens auch einen sehr guten Blick über das Ebrotal, ein Spaziergang ist unbedingt zu empfehlen.

Brautpaar in Laguardia

Danach ging es zur Besichtigung der Bodega Don Cosme Palacio. Es werden jedes Jahr etwa 3,5 Millionen Flaschen produziert. Die Weine lagern nach der Ernte, je nach angestrebter Qualitätsstufe, zwischen einigen Monaten und zwei Jahren im Eichenfass. Die Weinberge von Palacio liegen im Schnitt etwa 600 Meter hoch. Es findet sich nur die Rebsorte Tempranillo in den Weinen wieder, obwohl sieben Rebsorten für Riojaweine zugelassen sind.
Nach der Verkostung verschiedener Jahrgänge gab es - endlich - wieder etwas zu Essen, und zwar ein Parfait von verschiedenen Küstenfischen, Rührei mit baskischen Waldpilzen, gratinierten Jakobsmuscheln, Rinderfilet in Rioja-Rotweinsauce und Flan aus Joghurt und Waldfrüchten mit Orangensauce.

Frischer Traubensaft

Ein Gang so lecker wie das andere und, wie auch bei den vorangegangenen und folgenden Restaurantbesuchen auf dieser Tour, ohne ellenlange Pausen zwischen den Gängen serviert.Übrigens, wer nach Weinverkostung und Restaurantbesuch keine Lust mehr hat weiter zu fahren, zum Haus gehört auch ein feines Landhotel mit 13 Zimmern.

Marques de Riscal

Am späteren Nachmittag besichtigten wir die Bodega Marques de Riscal, eine der bekanntesten Bodegas im Rioja. Die Trauben von 1.500 Hektar Rebfläche (davon 220 Hektar eigene) werden hier in einer hochmodernen, computergesteuerten Kellerei verarbeitet. Die Jungweine werden in Fässern aus amerikanischer Eiche gelagert und zu 80 Prozent als Reserva auf den Markt gebracht.
Damit ist die Marques de Riscal der größte Reservaproduzent im Rioja überhaupt. Das Aushängeschild des Hauses ist allerdings ein Spitzenwein mit dem Namen Baron de Chirel. Aber nicht nur rote Rioja werden produziert, auch eine kleine Menge weiße Rioja.

Im Chillida-Museum

Außerdem werden von der Bodega im Rueda, einem kastillanischen Weinanbaugebiet (zwischen Ribera del Duero und Toro gelegen), noch vier verschiedene Weißweine erzeugt.
Der Hauptanziehungspunkt der Bodega ist aber nicht etwa der Weinkeller oder die Weinberge, sondern das dazugehörige Hotel. Es wurde, wie das Guggenheim-Museum, vom kanadisch-amerikanischen Stararchitekten Frank Owen Gehry erbaut. Eigentlich hatte er der Bodega Marques de Riscal schon eine Absage erteilt, aber der Wein aus seinem Geburtsjahrgang 1929 überzeugte ihn dann doch.
Ursprünglich sollte in das Gebäude die Verwaltung der Bodega einziehen, während der Bauarbeiten entschloss man sich, es zum Hotel zu machen. Seit der Fertigstellung haben sich die Besucherzahlen verzehnfacht, zur Zeit kommen jedes Jahr etwa 50.000 Touristen aus aller Welt. Anstelle von dreien hat die Bodega inzwischen 15 festangestellte Fremdenführer.

Skulpturen im Chillida

Fiesta de la Vendimia de Rioja Alavesa

Es ist 10.00 Uhr morgens. Die Umgebung des Dorfes Leza ist von der Polizei weiträumig abgesperrt, Parkplatzsuchende werden auf den vorgesehenen Parkplatz geleitet. Die Sonne scheint, aber es ist noch angenehm frisch. Jung und alt bewegen sich alle in eine Richtung, nach Lezan.
Im Dorf selber ist ein Rundweg eingerichtet, davon abzuweichen fast unmöglich. Noch ist es fast ruhig, an den Ständen werden die letzten Feinarbeiten ausgeführt: Gläser, Schinken, Würste, Käse und vieles mehr platziert; ist auch genügend Wechselgeld in der Kasse? Unüberhörbar schallt die typisch baskische Musik über Leza: monoton, schrill etwas quäkend, laut und mitreißend.

Stadtmauer von Laguardia

Alle geben sich gelassen, sind aber doch ein wenig aufgeregt. Man kennt sich, quatscht ein wenig, ist aber nicht so Recht bei der Sache, man wartet auf den Beginn der Fiesta. Vor dem Rathaus ist eine Bühne aufgebaut. Der Platz davor füllt sich unmerklich, bald ist kein Durchkommen mehr möglich.
11.00 Uhr soll es losgehen und es geht um 11.00 Uhr los. Wir sind im Baskenland, hier gehen die Uhren anders als in anderen spanischen Provinzen - oder liegt es an den Kamerateams? Egal, einige einleitende Worte, der Bürgermeister spricht, aber er fasst sich kurz. Dann noch ein Redner, aber aus höflichem Applaus wird begeistertes Klatschen, Zwischenrufe, Lachen. Kein Wunder den Redner kennen alle, ein aus Funk und Fernsehen bekannter Komiker, aber dann geht es wirklich los: Das erste Kinderpaar erscheint.

Beginn der Fiesta

Das Mädchen trägt ein Schild mit dem Namen des Dorfes, der Junge eine kleine Bütt mit frisch geernteten Weintrauben von den Weinbergen des Dorfes. Beide marschieren unter dem Klatschen des Publikums auf die Bühne, der Junge kippt seine Bütt in eine große, alte Kelter. Dies wiederholt sich, bis alle Kinderpaare durch sind. Insgesamt nehmen 23 Dörfer an diesem Weinlesefest teil. Das Fest findet in der Form seit 14 Jahren statt.
Der nächste Schritt bei der Weinlese. Nach dem Pflücken der Weinreben, werden die Trauben in eine Kelter gegeben und dann gepresst. Bei der Fiesta de la Vendimia de Rioja Alavesa natürlich auf traditionelle und fotogene Art und Weise: mit den Füßen.

Kindergruppe

Der frisch gepresste Saft der Weintrauben läuft in einen Bottich oder versucht es wenigstens. Meist fließt er in einen Tonkrug und wird an alle ausgeschenkt, die ihr Glas bereithalten. Der Geschmack des frischen Rioja-Traubensaftes? Super! Keine Spur von Gerbsaure, Tannin, fruchtig, süß, aromatisch, aber die rosa Farbe war doch etwas ungewöhnlich.
Die Fiesta war jetzt offiziell eröffnet, das Publikum verteilte sich über die Gassen. Es wurde flaniert, geflirtet, erzählt, Rioja probiert und baskische Spezialitäten gegessen und natürlich sorgt eine baskische Kapelle für die musikalische Untermalung.

San Sebastian

Für uns war leider die Fiesta de la Vendimia de Rioja Alavesa vorbei, wir mussten weiterfahren. Es ging in Richtung San Sebastian, an Pamplona vorbei, wieder über das Gebirge.
Am späten Nachmittag kamen wir in San Sebastian an. Es herrschten hochsommerliche Temperaturen, ideal um noch schnell in das 21 Grad warme Wasser der Biskaya zu springen. Herrlich nach der Busfahrt.

Kinderpaar

Der Strand von San Sebastian war für einen Septembertag sehr gut besucht, unsere Stimmung ausgezeichnet. Der Blick über die wunderschöne Bucht war eindrucksvoll. Brasilienkenner sagen oft: »Wie Rio de Janeiro in Kleinformat«.

Gegen sieben Uhr leerte sich der Strand und auch uns zog es weiter. Wir wollten uns die Stadt ein wenig anschauen und - natürlich - auch wieder mal etwas essen: Wo, wenn nicht in San Sebastian? Das Baskenland und vor allem die Stadt ist die Hochburg des guten Essens, ist doch San Sebastian der Ort mit der höchsten Michelin-Sterne-Dichte der Welt (auf den Quadratkilometer bezogen).
Dies liegt sicherlich an der Leidenschaft, gut zu kochen und für gutes Essen den angemessenen Preis zu bezahlen, an der Nähe zum Feinschmeckerland Frankreich und an den guten Produkten des Baskenlandes.

Die Trauben werden zertreten

Mit etwas Fantasie, Übung und Liebe zum Kochen kann man aus fangfrischen Fischen, Meeresfrüchten, aromatischen Obst- und Gemüsesorten aus dem südlichen Landesteil, aus Pilzen, Kräutern, Fleisch und Wildbret aus den Pyrenäen vieles zaubern.
Auch wenn die Basken nicht jeden Tag selber kochen und ein Sternerestaurant besuchen können, so wollen sie doch immer gut essen. Das tun sie in den Pinchos-Bars. Pinchos (baskisch Pintxos) sind das baskische Gegenstück zu den bekannteren Tapas. Oft werden die kleinen Meisterwerke durch Zahnstocher zusammengehalten. Ursprünglich war die Basis immer Weißbrot, aber heute nimmt man das nicht mehr so genau.

Viele Gäste trinken den regionstypischen Txakoli, aber auch Sidra (Apfelwein), Bier und diverse Weine sind im Angebot. Die Inneneinrichtung einer Bar kann hell und modern sein, oder auch traditionell, mit viel Holz und unter der Decke hängenden Schinken - Abwechslung ist garantiert.
Der nächste Tag sah uns früh auf dem Markt von San Sebastian. Obwohl Montag war und nicht alle Stände geöffnet hatten: Das Angebot und seine Qualität waren super. Nach einigen Fotos und Einkäufen ging es in eine Pintxos-Bar und dann weiter in Richtung Hondarribia an der Grenze zu Frankreich.

Hondarribia ist ein kleines Städtchen mit etwa 15.000 Einwohnern. Seine Altstadt mit den malerischen, reich mit Blumen geschmückten Häusern ist noch von einer vollständig erhaltenen Stadtmauer umgeben.
Die Häuser erinnern eher an die Alpen, weniger an Spanien. Allerdings ist das Meer nur wenige Meter entfernt. Bade- und Wassersportmöglichkeiten sind in Hondarribia reichlich vorhanden.

San Sebastian

Seeteufel mit Venusmuscheln im Restaurant Arroka Berri

Allerdings zogen dunkle Wolken auf, gut das wir einen Tisch im Restaurant Arroka Berri reserviert hatten. Es war unser letztes Mahl im Baskenland (für diesmal) und - das machte den Abschied noch mal so schwer - das beste.
Die ersten Gänge waren Gaspacho mit Melonenspießchen, Salat mit Ziegenkase, Jakobsmuscheln und Gänseleber auf einem Wildpilzrisotto. Zum Hauptgericht hatte man die Qual der Wahl. Ich schwankte zwischen Ochsenschwanz, Calamaris in eigener Tinte, Ochsenkotelett und Seeteufel mit Venusmuscheln und Langostinos und entschied mich für Letzteres.
Zum Abschluss gab es noch eine Dessertauswahl, Kaffee, Digestif und Gebäck und schon ging es ab zum Flugplatz. Vier Tage, an denen alle Sinne aufs Angenehmste gefordert waren, gingen dem Ende entgegen.